Der Gedanke an mehrtägiges Fasten weckt häufig Assoziationen an Hungern und Dahindarben, an schlechte Laune und Schwächegefühl. Tatsächlich ist aber in aller Regel genau das Gegenteil der Fall. So gibt es unzählige Berichte von Fastenden, die ein regelrechtes High erlebt haben, mit stärkerem Fokus sowie einem erstaunlichen Energie-Schub voller Euphorie. Aber kann Fasten wirklich so etwas auslösen? Und was passiert da eigentlich im Kopf, dass Nahrungsverzicht so glücklich macht?
Fest steht: Fasten hat auf die Psyche einen sehr starken Einfluss
Neben den vielen positiven Effekten auf den Körper hat mehrtägiges Fasten gleichzeitig eine beeindruckende Wirkung auf die Psyche. Diese Wirkung findet sowohl auf biochemischer als auch auf mentaler Ebene statt und wird häufig als Fasten-High beschrieben. Doch auch nach dem Fasten macht sich diese psychische Wirkung auf mehreren Ebenen bemerkbar. Zum Beispiel, indem sie die Selbstdisziplin festigt und die Motivation bestärkt, den eigenen Ernährungs- und Lebensstil nachhaltig zum Besseren zu verändern. Aber was passiert da eigentlich genau im Kopf?
Fasten wirkt sich biochemisch auf das Gehirn aus
1. Serotoninausschüttung
Nach den ersten drei Tagen hat sich der Körper auf den Fastenstoffwechsel umgestellt. Damit findet zeitgleich eine hormonelle Umstellung im Körper statt. Was nicht zuletzt auf die veränderte Darmflora zurückzuführen ist. Dies hat unter anderem zur Folge, dass vermehrt das „Glückshormon“ Serotonin ausgeschüttet und gleichzeitig dessen Wiederaufnahme blockiert wird. Dadurch wird der Serotoninspiegel dauerhaft angehoben. Zusätzlich wird der Spiegel des Stresshormons Cortisol abgesenkt.
Beides zusammen führt dazu, dass Fastende ausgeglichener und entspannter sind. Sie fühlen sich im Einklang mit sich selbst und ihrem Körper. Teilweise kommt es durch das Serotonin auch zu regelrechten Euphorie-Schüben. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Motivation aus und steigert außerdem die Konzentrationsfähigkeit. Nicht zuletzt kann sich auch der Schlaf verbessern.
2. Ketose
Bei einem längeren Verzicht auf Kohlenhydrate stellt der Körper sich außerdem auf den Fettstoffwechsel, die Ketose, ein. Was beim mehrtägigen Heilfasten meist nach 2 bis 3 Tagen der Fall ist. Bei dieser Form des Stoffwechsels kann der Körper nicht mehr länger auf Glukose als Energielieferanten zurückgreifen. Daher ist er gezwungen, das Körperfett als Energiereserve zu nutzen. Es kommt zur Ketose.
Dabei werden im Körper Enzyme gebildet, die das Körperfett abbauen und in wasserlösliche Ketonkörper umwandelt. Auf diese Weise können sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden und das Hirn statt der Glukose als alternativer Energielieferant dienen. Ketonkörper stehen dem Gehirn um ein Vielfaches schneller als Energie zur Verfügung als Glukose. Außerdem wirken sich Ketone positiv auf die Gehirnleistung aus. Das steigert die Konzentrationsfähigkeit. Man fühlt sich fokussierter, energiegeladener und auch glücklicher.
3. Leistungssteigerung
Durch die Ketose und die Entlastung des Magendarmtrakts wird die körperliche Leistungsfähigkeit gefördert, weshalb Fasten auch für Leistungssportler interessant ist. Dieser körperliche Leistungsschub wirkt sich ebenfalls positiv auf die Stimmung aus. Man hat plötzlich viel mehr Energie und die Motivation Herausforderungen anzupacken.
Evolutionär lässt sich das dadurch erklären, dass beim frühen Menschen trotz langanhaltendem Nahrungsmangel die nötige Energie für kraftintensive Nahrungsmittelbeschaffung, z.B. durch die Jagd, aufgebracht werden musste. Anders als heute war es damals ganz normal, mehrere Tage ohne Nahrung auskommen zu müssen. Fasten ist also für den menschlichen Körper evolutionär gesehen etwas ganz Natürliches.
So wirkt sich Fasten mental aus
Abgesehen von den biochemischen Aspekten kann Fasten auch auf rein psychischer Ebene einen sehr starken Effekt entwickeln. Auch hier spielen gleich mehrere Faktoren eine Rolle.
1. Reset für Körper und Geist
Mehrtägiges Heilfasten wird häufig als lebensbejahender Neustart empfunden, aus dem man sowohl körperlich als auch mental gestärkt hervorgeht. Dieses Gefühl verbindet sich mit dem Erfolgserlebnis, die Fastenzeit erfolgreich abgeschlossen zu haben und dem Bewusstsein, damit für seiner Gesundheit etwas Gutes getan zu haben. Dadurch will man das erreichte Wohlbefinden möglichst lange Zeit beibehalten. Häufig führt das dazu, dass der eigene Lebens- und Ernährungsstil gesundheitsbewusster ausgerichtet wird.
2. Selbstwirksamkeit
Gleichzeitig hat man erlebt, dass man durch Willenskraft und Selbstkontrolle für sich und seinen Körper positive Veränderung herbeiführen kann. Dieses Gefühl der Selbstwirksamkeit stärkt die Selbstdisziplin und damit auch das Selbstbewusstsein, andere Herausforderungen des Lebens motiviert anzupacken. Dieser Effekt ist gerade beim ersten Mal Fasten ein besonders eindrückliches Erlebnis und kann die Selbstwahrnehmung nachhaltig verändern: Man hat aus eigener Kraft etwas geschafft, was man vorher für schwer vorstellbar gehalten hat.
3. Achtsamkeitstraining für Körper und Psyche
Während des Fastens erlebt man in der Regel außerdem einen intensiven Fokus auf den Körper und das eigene Wohlbefinden. Dies ist nicht zuletzt auf den erhöhten Serotoninspiegel zurückzuführen, der den einzelnen Moment viel bewusster erleben lässt. Viele berichten darüber, wie sehr ihnen auf einmal bewusst wird, wie wenig Nahrung ihr Körper am Tag eigentlich benötigt und wie wohl und energiegeladen man sich damit fühlen kann.
Das führt auch zum Umkehrschluss, wie negativ sich ungesunde Ernährung und ein ungesunder Lebensstil auf das eigene Befinden auswirken. Ohne dass es einem direkt bewusst ist. Und was stattdessen möglich sein kann, wenn man mehr auf die Signale des eigenen Körpers hört, indem man zum Beispiel intuitiv essen lernt. Dadurch lässt sich zugleich der Verzicht auch mit positiven Gefühlen verbinden. Was es im Anschluss leichter machen kann seinen Lebensstil zu ändern: „Ich verzichte auf etwas, damit es mir besser geht.“
So lässt sich der Glücks-Effekt des Fastens noch verstärken
Verbindet man diese stimmungsaufhellenden Effekte des Fastens ganz bewusst mit Achtsamkeitstraining, Meditation, Selbstreflexion und Spaziergängen in der Natur, kann das Fasten tatsächlich zu einem nachhaltigen, mentalen Erlebnis werden, das die positive Selbstwahrnehmung auch über das Fasten hinweg fördert. Ebenso verstärkt mäßiger Sport während dem Fasten den „Glückseffekt“. Aber hier gilt ganz besonders: Auf die Signale des Körpers hören und es nicht übertreiben.
Aber: No Pain, no gain
So wunderbar, wie das alles klingt, darf zu guter Letzt nicht unerwähnt bleiben, dass mehrtägiges Fasten nicht durchweg ein Spaziergang voller Glückseligkeit ist. Denn es gibt auch immer wieder diese Momente, die die Willenskraft stark herausfordern. Dies gilt besonders beim ersten Mal. Und in den ersten zwei bis drei Tagen, wenn der Körper damit beschäftigt ist, sich in den Fastenstoffwechsel umzustellen. Umso größer ist jedoch die Belohnung, die der Körper einem dafür zurückgibt und das Fasten zu einem unvergesslichen Erfolgserlebnis werden lässt.