Fasten und Minimalismus

Fasten und Minimalismus: Warum Verzicht unsere Selbstwirksamkeit stärkt

Trotz zahlreicher Einschränkungen suchen viele Menschen heutzutage bewusst und freiwillig nach dem Verzicht und entsagen dem Überfluss. Warum das gerade jetzt psychologisch befreiend sein kann und wieso Minimalismus und Verzichten mit einer Fasten-Auszeit perfekt zusammenpassen, erklärt Dr. Babette Gekeler im Gespräch mit ProLon.

Warum Verzicht in Zeiten von Corona so befreiend ist

Überfluss und die Möglichkeit, übermäßig Besitz anzuhäufen, sind — evolutionär betrachtet — eigentlich ein unnatürlicher Zustand. Heute quellen Vorratskammern ebenso wie Kleiderschränke und die Bermudadreieck-Schubladen im Wohnzimmer über. Dabei scheint der Überfluss uns nicht zu glücklicheren Menschen zu machen: Wir tragen Ballast mit uns herum, in unseren Wohnungen und an unseren eigenen Körpern.

Eine ganze Branche widmet sich dem „Entschlacken“ des Lebens, dem Ausmisten der Schränke und dem Verzicht auf Konsum. Minimalismus liegt im Trend, überall wird aussortiert und das Leben leichter gemacht. Doch warum wollen so viele Menschen gerade jetzt freiwillig verzichten, mitten in einer Pandemie, in der wir auf so viel Liebgewonnenes nicht mehr zurückgreifen können? Diplompsychologin Dr. Babette Gekeler hat mit uns über den Zusammenhang zwischen Freiheit und Verzicht, Besitz und Lust sowie Zwang und Kontrolle gesprochen – und was das mit ProLon zu tun hat.

Was bedeutet Minimalismus?

Minimalismus ist bewusster Verzicht auf Unnötiges. Wer minimalistisch lebt, hat sich selbst dazu entschieden und wird nicht durch äußere Umstände dazu gezwungen. Nur wer etwas besitzt, kann Freude im Verzicht finden. Daher gehört zu einem minimalistischen Lebensstil vorgestuft das Privileg Angehäuftes zu besitzen und es loszulassen einerseits, sowie weniger zu konsumieren und anzuhäufen, andererseits.

Ist Fasten minimalistisch?

Fasten ist der bewusste Verzicht auf Nahrung in einer Gesellschaft, die im Überfluss lebt. Minimalismus daher ein Nebenprodukt erfolgreicher Konsumgesellschaften. Neben den gesundheitlichen Aspekten des temporären Nahrungsverzichts, wie die Autophagie, gibt es auch Effekte auf die Psyche: „Fasten schafft Freiraum und kann von eingefahrenen Mustern befreien,“ sagt Dr. Gekeler. Das Versprechen von Freiheit und Freiraum im Konsum, weicht dem sich freifasten vom Konsum. Und Konsum muss verwaltet werden. Fasten heißt die konsumierte Ernährung für einige Zeit nicht mehr verwalten. Das ähnelt dem ausgemisteten Kleiderschrank, in dem Kleidungsstücke plötzlich auf Anhieb gefunden werden. Viel, sprich Überfluss, führt zu Verwaltungsarbeit. Nippes muss abgestaubt, der Kuchen gebacken, das Auto gewaschen werden. Hinter der Idee des Minimalismus steckt, dass wir in der westlichen Welt viel zu viel Zeit damit zubringen, unseren Besitz zu verwalten, statt einen echten Nutzen daraus zu ziehen.

Es scheint also ein Kontinuum von Besitz zu geben, an dessen Anfang zu wenig, an dessen Ende zu viel da ist. Und wo stehen wir inmitten einer globalen Pandemie gerade?

Warum wir freiwillig verzichten (sollten)

Der Zeitgeist schreie eigentlich geradezu nach vorgegebenen Strukturen, meint Dr. Gekeler. Durch Globalisierung und Digitalisierung sind Grenzen weggefallen. Jede*r kann alles überall sein. Das führe dazu, dass Menschen sich verloren fühlen, von den Möglichkeiten überfordert.

Zwangsstrukturen vermittelten so eine Kontrolle über das Leben und eine Illusion der Sicherheit. Wir halten uns an Bekanntem fest. Und wer mehr hat, der hat auch mehr Sicherheit. Oder etwa doch nicht?

Sicherheit und der Widerspruch des Besitzes/Überflusses

„Der Mensch hat eine Sehnsucht nach Dauer und Beständigkeit. Wir haben Angst vor Veränderung, davor, dass wir das verlieren, was wir brauchen“, so Gekeler. Überfluss widerspräche häufig dieser Sehnsucht nach Verlässlichkeit.

Eine große Auswahl führt zu Fluktuation. Ob bei der Partnerwahl, der Inneneinrichtung oder im Kleiderschrank. Erst Beständigkeit schafft Vertrauen und damit Sicherheit. „Die Kinderstube sieht noch so aus wie damals, das vermittelt uns ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Wir können uns nur weiterentwickeln, wenn wir uns auf das Vergangene verlassen können.“

Der Messie begräbt das Wichtige unter Bergen von Müll. Im Extremfall wird so eine tiefgreifende Störung entwickelt, die das Aussortieren und Weggeben von unnötigen Dingen unmöglich macht. Das Sammeln und Horten hat hier keinen positiven Effekt mehr, vermittelt keine Sicherheit, sondern bedroht die eigene Autonomie, da ohne den sich umgebenden Besitz Angst entsteht – dies führt zu einer unbedingten Abhängigkeit.

Der Überfluss führt eben nur zu einer scheinbaren Sicherheit. Denn gerät das Verhältnis von Besitz und Freiheit aus dem Gleichgewicht, wird die Sicherheit zum Gefängnis, in dem wir uns nicht mehr weiterentwickeln können. Zu viel führt dann plötzlich zu Unsicherheit, weil wir nicht mehr spontan und kreativ auf neue – und unter Umständen extreme – Situationen reagieren können. Gerade loslassen, weniger haben, kann laut Dr. Gekeler also Sicherheit schaffen und wieder handlungsfähig machen. Eine Fähigkeit, die man in Krisenzeiten gut gebrauchen kann.

Lebensfreude durch Verzicht

Lebendig sein und Lebensfreude empfinden geht nicht, wenn man sich allein an seinem Besitz festhält: „Das Leben ist ständig im Fluss. Deshalb müssen wir offen für Neues sein, Unbekanntes, Unsicherheit und Spontanität zulassen können. Nur so können wir auf die täglichen Herausforderungen reagieren.“ Gekeler führt weiter aus: „Spontanes loslassen, Freude erleben, das erfordert Kontrollverlust im positiven Sinn. Überfluss bremst uns dabei selbst aus.“

Das Leben verläuft eben nicht geradlinig, sondern zyklisch: horten und aufbrauchen, gewinnen und verlieren, auf und ab. Außerdem verlieren die Dinge ihren Wert, wenn man sie ständig zur Verfügung hat.

„Menschen folgen dem Lustprinzip: Wir rennen der Lust hinterher und von der Unlust weg. Lust kann ich aber nicht besitzen. Je mehr ich habe, desto mehr muss ich festhalten. Und desto mehr bereitet es keine Lust mehr. Wenn ich mein Korn im Silo horte, dann muss ich an diesem Ort bleiben. Das macht mich unfrei. Ich werde zum Knecht meines Besitzes.“

Minimalismus: Warum das Loslassen uns befreit/uns wieder handlungsfähig macht

Sicherheit, die uns handlungsunfähig macht, Kontrollverlust, der Wandel ermöglicht: Eine Extremsituation wie die Coronapandemie macht uns zu schaffen und deckt die Widersprüche in uns auf.

„Da ist der Zwang von außen, etwas nicht tun zu können. Also fragen wir uns: Woran sollte man festhalten? Fasten und Verzicht im Allgemeinen ist das Versprechen, von Ungeliebtem los zu kommen, Ballast abzuwerfen, Chaos zu beseitigen. Hier kriegst du die Klarheit, die in unsicheren Zeiten fehlt. Fasten fühlt sich wahnsinnig gut an, ist selbstermächtigend und gibt Selbstbewusstsein. ProLon ist dazu auch noch ein Produkt mit Anfang und mit Ende. Damit füttert ProLon in diesem Sinne sowohl die gesellschaftliche Zwangsneurose, den Wunsch nach Kontrolle und Selbstwirksamkeit. Vielleicht lasse ich mich gerade zu sehr gehen, habe eine schwache Impulskontrolle. Gleichzeitig bedient das Erlebnis des Fastens auch die Sehnsucht nach kontrolliertem Kontrollverlust und spontanem Loslassen auf Zeit.“

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